Habt ihr auch das Wochenende dazu genutzt, euch die zweite Staffel von “Stranger Things” im Rahmen eines gruseligen Bingewatching-Marathons reinzuziehen? Dann dürftet ihr vermutlich genauso begeistert gewesen sein wie wir. Hier ist unsere Kritik zur langersehnten Rückkehr in die US-Kleinstadt Hawkins.
Eine Fortsetzung, die imposanter als das Original ist
Viele Film- und Serienmacher neigen dazu, ihren Zuschauern im zweiten Teil mehr Action und Spannung zu bieten, als es im Original der Fall war. Meistens endet diese Idee jedoch in der ernüchternden Erkenntnis, dass eine Fortsetzung leider trotz aller Bemühungen extrem selten an den Vorgänger heranreicht. Ein paar berühmte Ausnahmen gibt es allerdings dennoch: “Terminator 2” aus dem Jahr 1991 ist ein absoluter Meilenstein seines Genres, der den ersten Teil locker in seinen Schatten stellt und auch “Der Pate 2” sowie “Toy Story 2” und 3 sind weitere gute Beispiele. Auch die zweite Staffel von “Stranger Things” macht in Hinblick auf eine würdige Fortsetzung einiges richtig: Die neun Episoden der neuen Staffel sind deutlich gruseliger, es gibt mehr Einblicke in die mysteriöse Upside Down-Unterwelt und die zu bekämpfenden Monster sind größer und gefährlicher. Dass die fürs Drehbuch verantwortlichen Duffer-Brüder ihr Format weniger als Serie, sondern vielmehr als einen neunstündigen Film betrachten, wird bereits bei einem Blick auf das epische Intro ersichtlich, das nun den Namen “Stranger Things 2” trägt – genauso, wie es bei einer Film-Fortsetzung der Fall ist. Und das ist den beiden kreativen Köpfen auch auf beeindruckend geniale Weise gelungen: Nur selten zuvor hat man in einer Serie derartig imposante Bilder zu sehen bekommen, wie in “Stranger Things 2” – ein echter Augenschmaus.
Das typische 80er-Feeling ist zurück
Bei all den düsteren Bildern und der Bedrohung durch ein gigantisches Tentakel-Monster mussten die Macher aber auch darauf achten, dass die bereits bekannten Besonderheiten der Serie erhalten bleiben: Da wäre natürlich vor allem das stimmungsvolle 80er-Feeling, welches auch in der neuen Staffel wieder beeindruckend gut zur Geltung kommt: Viele kleine Details, wie etwa ein Wahlplakat “Reagen – Bush 84” oder ein im Fernsehen laufender Trailer für “Terminator” sind hier nur einige von vielen Beispielen und auch auch auf zahlreiche tolle 80er-Songs darf sich der Zuschauer freuen. Eine der coolsten Anspielungen sind jedoch zweifelsohne die mit Liebe zum Detail angefertigten Ghostbusters-Kostüme, die die Kids in der zweiten Episode zum Halloween-Fest zur Schau tragen: Mit einer Gruppe aus drei weißen und einem schwarzen Jungen lag es eigentlich mehr als nahe, diesen coolen Gag in der Serie zu integrieren – der am Ende der Folge komplett ausgespielte Ghostbusters-Song von Ray Parker Jr. lädt darüber hinaus zum Mitsingen vor dem Fernseher ein.
Liebgewonnene und neue Gesichter
Die eigentliche Geschichte der zweiten “Stranger Things”-Staffel wirkt erfreulicherweise keinesfalls wie eine dieser vielen Storys, die auf Teufel komm raus von irgendwelchen überbezahlten Autoren geschrieben werden, denen irgendwann die Fantasie ausgeht. Ganz im Gegenteil: Scheinbar haben sich die Duffer-Brüder ihre Erzählung bereits vor der Ausstrahlung der ersten Staffel so zurechtgelegt, dass man nun nicht unter Zeitdruck irgendetwas niederschreiben muss, was die eigentliche Erzählweise ad absurdum führen würde. Selbst die Einführung einiger neuer Charaktere, wie etwa die rothaarige neue Mitschülerin Max, ist hier überraschend gut gelungen – was defintiiv nicht immer der Fall ist, da der Zuschauer in der Regel vor allem den Hauptcast in sein Herz schließt und sich kaum echte Veränderungen wünscht. Weiterhin im Mittelpunkt der Serie stehen natürlich auch diesmal die vier Kids Mike (Finn Wolfhard), Dustin (Gaten Matarazzo), Lucas (Caleb McLaughlin) und der in dieser Staffel deutlich häufiger zu sehende Will (Noah Schnapp) – letzterer zählt übrigens neben der sehr talentierten Millie Bobby Brown zu den besten Darstellern der zweiten Runde.
Bobby Brown befindet sich in ihrer Rolle als Eleven aka “Elfi” diesmal auf Abwegen und agiert somit nahezu gar nicht mit ihren alten Freunden zusammen – was sehr schade ist, da genau diese hervorragende Kombination ein wichtiger Grund dafür ist, warum die erste Staffel so harmonisch wirkte. Auffällig ist darüber hinaus auch, dass Finn Wolfhards Charakter Mike eher etwas in den Hintergrund rückt. Dies dürfte aber der Tatsache geschuldet sein, dass er nahezu zeitgleich für Dreharbeiten zur Stephen King-Neuverfilmung “Es” vor der Kamera gestanden hat. Ein eher undankbare Rolle hat hingegen Winona Ryder erwischt, deren Figur Joyce Byers sich in der zweiten Staffel vor allem darauf beschränkt, eine übervorsichtige Mutter abzugeben, die sich sogar schon Sorgen macht, wenn ihr Sohn alleine aufs Klo geht. Ein bisschen besser ist hingegen David Harbour mit seiner Rolle als Jim Hopper davongekommen, auch wenn man für seine Verkörperung als leicht abgewrackter Hawkins-Polizeichef in der ersten Staffel durchaus mehr Sympathien entwickelt hat.
Kaum nennenswerte Schwachstellen
Eigentlich leistet sich die zweite Staffel von “Stranger Things” kaum echte Aussetzer – insofern man von der siebten Folge einmal absieht. Klar, die hier erzählte Geschichte ist ein wertvolles Puzzlestück, welches für die Geschichte rund um Eleven durchaus wichtig erscheint und darüber hinaus auch eine sehr gelungene Anspielung auf “The Warriors” von 1979 . Dennoch wirkt sie leider wie ein echter Fremdkörper in der Serie, der sich nicht ganz so harmonisch in den Rest der Staffel integriert, wie die anderen acht Episoden. Dies trifft übrigens auch auf die ersten Minuten der ersten Episode zu: So dürfte sich wohl durchaus der ein oder andere Zuschauer gefragt haben, ob er sich versehentlich in seinem Netflix-Menü verklickt und eine ganz andere Serie ausgewählt hat. Tatsächlich ist dies jedoch der einzige Patzer, den sich “Stranger Things 2” leistet: Die restliche Staffel ist derartig genial, dass sie sogar die ohnehin schon gute erste Staffel in ihren Schatten stellt – und das ist in der bunten Hollywood-Welt, wie bereits eingangs erwähnt, alles andere als die Regel.
Die zweite Staffel von “Stranger Things” ist ab sofort bei Netflix verfügbar.