
Als der Netflix-Film “Roma” vor einer Woche gleich drei Oscars abgeräumt hat, war die Freude beim Streaminganbieter groß. Ganz anders hingegen beim berühmten Regisseur Steven Spielberg – denn der möchte sich dafür einsetzen, dass Netflix mit seinen Filmen nie wieder bei den Academy Awards ins Rennen gehen darf.
Spielberg: Für Netflix-Filme gibt es den Emmy
Dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die Jahr für Jahr die begehrten Oscars verleiht, nicht unbedingt als Fan von Streaminganbietern gilt, ist unlängst bekannt: Nicht umsonst wurde der Netflix-Produktion “Roma” in diesem Jahr der Oscar als “Bester Film” verwehrt, der Netflix zum ersten Streaminganbieter gemacht hätte, der den Academy Award in der Königskategorie gewonnen hätte. Neu ist allerdings, dass sich nun auch der berühmte Regisseur Steven Spielberg (“Jurassic Park”, Indiana Jones”, “Schindlers Liste”) offen gegen Netflix positioniert und sich sogar dafür einsetzt, dass Netflix-Filme zukünftig von der Oscar-Verleihung ausgeschlossen werden. In einem Interview mit dem US-Portal Indiewire verkündete der 72-Jährige, dass es für ihn einen großen Unterschied machen würde, ob ein Film für die große Kinoleinwand oder für das kleine Heimkino produziert wurde. Darüber hinaus ärgert er sich darüber, dass Netflix-Filme nur für einen kurzen Zeitraum ins Kino gebracht werden, damit sie den Aufnahmeregeln bei den Oscars entsprechen.
In Spielbergs Augen reine Augenwischerei: Laut seiner Überzeugung verdienen Filme, die weniger als eine Woche im Kino zu sehen sind, auch keine Oscar-Nominierung. Denn: Für Filme, die sich dem TV-Format verschrieben hätten, gäbe es schließlich die Emmy-Awards, mit denen die besten TV-Produktionen ausgezeichnet werden.
Die US-Kinos und ihre völlig veraltete Denkweise
Zumindest in Hinblick auf die überschaubaren Laufzeiten in den US-Kinos hat Spielberg tatsächlich recht, denn Filme wie “Roma” liefen in jüngster Vergangenheit nur sehr kurz in den Lichtspielhäusern. Allerdings vergaß er zu erwähnen, dass viele Kinos auch gar nicht daran interessiert sind, Netflix-Filme in ihr Programm aufzunehmen, da diese ja parallel auch via Streaming zum Abruf bereitstehen. Insbesondere in den USA, einem Land voller Kinofans, gibt es jedoch zahlreiche Menschen, die auch einen guten Netflix-Film lieber auf der großen Leinwand genießen wollen. Doch da die Kinobetreiber weiterhin auf das veraltete Geschäftsmodell setzen wollen, dass ein Film erst drei Monate exklusiv im Kino laufen muss, ehe er auf DVD oder Blu-ray erscheint, verweigern sie sich letztendlich selbst der zunehmend digitalen Zukunft.
Auch Steven Spielberg hat das offenbar noch nicht erkannt und möchte sich in der kommenden Woche mit der Academy Board of Governors, einer der wichtigsten Instanzen der Academy, zusammensetzen, um seinen Vorschlag vorzutragen. Dass er hierbei auf positives Feedback stoßen wird, ist jedoch eher unwahrscheinlich, da ihm sein Statement schon jetzt reichlich Gegenwind beschert: So betonen zahlreiche Filmschaffende bereits, dass Spielberg offenbar keine Ahnung habe, wie schwer es für Neueinsteiger wäre, in der Filmbranche Fuß zu fassen – vor allem dann, wenn es sich um eine Frau oder um einen Menschen mit dunkler Hautfarbe handelt. Netflix bietet diesen und vielen anderen Filmschaffenden hingegen eine echte Chance – und genau aus diesem Grund erweist sich auch eine Nominierung für den wichtigsten Filmpreis der Welt als gerechtfertigt.